Die Sonne versinkt hinter den Kronen der Bäume, die Schatten werden länger. Die Luft wird kühler, der Himmel färbt sich orange. Seit dem ersten Treffen der beiden grauen Katzen sind nur wenige Tage vergangen. Glassplitter wollte für sich sein, dem ständigen Zusammensein, welches mit dem Clanleben verbunden war entkommen. So führte ihn sein Weg ihn in den Laubwald. Er glaubt nicht, hier eine Katze anzutreffen und ist sich sicher seine Gedanken ordnen zu können. Doch was, wenn er sich irrt?

xx only for Nebelflügel & Glassplitter.

Nebelflügel hatte sich unbemerkt aus dem Lager, aus dem Territorium geschlichen. Endlich alleine. Endlich konnte sie in Ruhe nachdenken. Es war ihr schier unmöglich gewesen, einen ruhigen Moment zu haben, ständig gab es etwas, dass sie als Stellvertreterin zu erledigen hatte: Jagdrotten, Patroullien, anwesend sein. Ihr ruhiges Leben als Kriegerin fehlte der Kätzin, doch sie wollte beweisen, dass sie der Position würdig war, die sie bekleidete.
Nur als grauer Schemen wahrzunehemen tapste die Zweite Anführerin durch das Dunkel der Nacht, bis sie den Laubwald erreichte. Hier sollte es möglich sein, ungestört zu sein.

Doch wessen Schatten saß dort zwischen den Baumwurzeln, fast verdeckt durch die absolute Dunkelheit, die die vollbelaubten Bäume über ihr erzeugten? Ein dunkelgrauer Schemen, kaum wahrzunehmen, doch Nebelflügels scharfe Augen hatten ihn ausfindig gemacht. Ob es Zufall war, dass sich die beiden Katzen gerade hier wiedertrafen?
Das Herz der Kätzin schlug heftiger in ihrer Brust, als sie daran dachte, dass er sie auf der Großen Versammlung angelächelt hatte. Der Kater besaß eine gewisse Aura, der Nebelflügel nicht entgehen konnte und auch nicht zu entgehen wusste.

„Glassplitter?“, flüsterte die Kätzin leise. „Ich bins, Nebelflügel.“

Warum flüsterte sie? Hier war doch außer ihnen niemand – oder doch? Man konnte nie vorsichtig genug sein, vielleicht war einem von ihnen ja einer gefolgt. Doch obwohl Nebelflügel die Luft prüfte, konnte sie nichts als Glassplitters verlockenden Duft und den ihrigen wahrnehmen.

Mit Freude vernahm die Graue, dass sich auch der Kater an sie erinnerte. Es wäre allzu traurig gewesen, wenn er das nicht getan hatte. Obwohl er ziemlich misstrauisch wirkte. Zwar machte er ein paar Schritte auf die Kätzin zu, blieb jedoch in einigem Abstand zu ihr stehen. Was war los? Hatte sie ihm irgendetwas falsches vermittelt?

„Ich wollte einfach nachdenken“, meinte Nebelflügel, unsicher durch sein Misstrauen, sodass es fast unterkühlt klang. „Du scheinst auch nachdenklich zu sein...“

Was sagte sie da? Es ging sie doch gar nichts an, was dieser Kater dachte! Und wenn er von ihr dächte, dass sie eine hübsche Kätzin wäre, so war das zwar wirklich lieb von ihm, doch es ging sie nichts an. Er war aus dem HimmelsClan.
Je öfter sie sich das ins Gedächnis rief, desto unüberzeugender wurde das Argument der Clanangehörigkeit. War es nicht letztendlich egal, aus welchem Clan er stammte? Mit Schneehauch war sie schließlich auch befreundet – konnte das nicht auch für Glassplitter gelten? Ja, mit ihm konnte sie befreundet sein. Um mehr zuzugeben, war Nebelflügel nicht bereit. Wollte es nicht wahrhaben, wie sehr sie sich danach sehnte, ihre Nase in sein Fell zu stecken.

Nebelflügel schien irritiert, ihre Stimme klang beinahe kühl. Glassplitter spürte, wie der Drang, sich einfach davonzumachen, immer größer wurde. Doch Nebelflügel schien allein zu sein. Er glaubte ihr. Wieso auch nicht? Auch wenn sie im SturmClan war, war sie eine durchaus freundliche Kätzin. Ach, was redete er da? Alle Katzen konnten freundlich sein, egal aus welchem Clan sie waren. Glassplitter hatte nie den rechten Sinn der Clangrenzen verstanden. Wieso sollte man den SturmClan hassen? Nur, weil sie ein anderer Clan waren? Und wenn es vorher an Beweisen gefehlt hatte, war Nebekflügel dann nicht einer?
Wenn Amselstern oder Schneehauch oder Ahornflut herausbekommen würden, dass er hier im Wald stand und mit einer Katze aus dem SturmClan sprach, was würden sie dann sagen? Was würde Tropfenpfote sagen? Niemand dürfte es je erfahren. Niemand. Er könnte seine sieben Sachen packen und verschwinden, da war er sich sicher. Wobei - nein. Sie würden ihm nicht einmal die zeit zum packen lassen.

» Ich musste mal raus. Allein. Es war viel zu viel los in letzter Zeit und ich wollte Zeit für mich haben. «, meinte er nur knapp und schaute der Kätzin einen Moment lang in die Augen. Dann wandte er den Blick wieder zu Boden.

Was war er nur für ein Mäusehirn? Was war er nur für ein Krieger? Ein verdammt schlechter, das war unbestreitbar. Er kam sich furchtbar illoyal vor und war sich sicher, Amselstern nie wieder unter die Augen treten zu können, ohne dass er sich furchtbar schämen musste.

Glassplitter schien zu merken, dass sie etwas verwirrt war. Doch er schien nichts unternehmen zu wollen, um ihre Verwirrung aufzuheben. Das versetzte Nebelflügel einen kleinen Stich. War sie ihm nicht wichtig?
Doch da schaute er ihr in die Augen. Beide Augenpaare schienen sich für ein paar Herzschläge miteinander zu vereinen, bevor er die seinen wieder absenkte und den Blick zu Boden richtete. Der Kater sprach davon, alleine sein zu wollen.

„Störe ich dich?“, fragte Nebelflügel ein wenig verletzt. „Ich kann mir auch einen anderen Ort zum Nachdenken suchen, weißt du?“

Ihre Stimme war immer leiser geworden, eigentlich wollte sie doch gar nicht fort. Sie wollte an Ort und Stelle verweilen, Glassplitter vielleicht noch ein wenig näher kommen. Selbst neben ihm zu sitzen und zu schweigen hätte sich in ihren Augen besser angefühlt, als kommentarlos voneinander zu scheiden.